Swiss-Leaks, Luxemburg-Leaks, Panama-Papers, und seit neustem gibt’s auch Bahamas-Papers. Aber was war genau nochmals los bei den Luxemburg-Leaks? Den Überblick zu behalten scheint hoffnungslos – was übrigbleibt ist der Eindruck, dass die mit viel Geld nur dann Steuern zahlen, wenn sie wollen, und dass man sowieso nichts dagegen machen könne. von Gastautorin Tabea Kaderli*
Während der erste Eindruck durch Zahlen und Daten mittlerweile tatsächlich bestätigt ist1, täuscht das Gefühl, dass es keine Lösungen gibt. Ob der politische Willen dafür vorhanden ist, darf allerdings angezweifelt werden. Und dies obwohl die Folgen von Steuerhinterziehung (illegal) und Steuervermeidung (legal) von gewaltigem Ausmass sind. Um den Überblick ein wenig zu erleichtern, geht es hier nur um Steuerhinterziehung, die meist mit gütiger Hilfe von Steueroasen2, unter anderem der Schweiz, von statten geht.
Was sagen die Zahlen?
Mit einem bis dato einzigartigen Datensatz schätzt der Ökonom Gabriel Zucman für das Jahr 2014, dass den Staaten durch Offshore-Steuerhinterziehung weltweit 190 Milliarden US Dollar an Steuergeldern entgingen3. 190 Milliarden!! Das ist mehr als das tschechische Bruttoinlandprodukt im Jahr 20154. Das sind Steuergelder, die für Bildung, Gesundheitssysteme und Infrastruktur eingesetzt werden könnten. Stattdessen beschliessen die Regierungen in Europa Sparmassnahmen, welche häufig die am wenig Privilegiertesten in der Gesellschaft treffen. Dadurch führt Steuerhinterziehung zu steigender Ungleichheit innerhalb von Ländern – schliesslich ist es den gewöhnlichen Arbeitnehmenden und kleinen Firmen nicht möglich, durch diverse ausgeklügelte Konstrukte von Schweizer Banken und Luxemburger Hedgefunds ihr Vermögen unerkannt auf den Cayman Islands anzulegen, und dadurch ihre Steuerlast bis auf null Franken zu verringern.
Für Entwicklungsländer sind die Auswirkungen noch gravierender, da ein grösserer Anteil des Vermögens offshore gehalten wird. In vielen afrikanischen Ländern liegt der Anteil beispielsweise zwischen 20 und 30 Prozent5. Zudem fehlen da die Kapazitäten, um die von der OECD vorgeschlagenen Massnahmen gegen Steuerhinterziehung6 umzusetzen.
Was ist die Lösung?
Gabriel Zucman präsentiert eine einfache Lösung7: Ein globales Register aller finanziellen Vermögenswerte (Aktien, Obligationen, Wertschriften etc.) – vergleichbar mit dem Grundbuch, wo der Landbesitz festgehalten wird. Solche Register gibt es bereits, da sie die Grundlage für den Handel mit ebendiesen Vermögenswerten sind – irgendjemand muss ja schliesslich wissen, was wem gehört. Die Firmen, wie zum Beispiel die Depository Trust Company in den USA, welche solche Register führen, sind allerdings nur regional und kooperieren mit den Steuerverwaltungen meist nur bei einem konkreten Verdacht auf Steuerhinterziehung. Zusätzlich bedarf es laut Zucman konkreter Sanktionen gegenüber den Steueroasen, die nicht kooperieren. Und zwar nicht in Form von schwarzen Listen, sondern in Form von Zöllen im Gegenwert der hinterzogenen Steuern8. So, dass sich das Geschäft mit der Geheimniskrämerei auch wirklich nicht mehr lohnt. Man darf nämlich nicht vergessen, dass das Verstecken von Geld noch andere Zwecke als nur das Umgehen der Steuerpflicht hat: “The ability to move large sums of money without leaving a footprint also facilitates money laundering, bribery, and the financing of terrorism“9. Dies gilt es bei der nächsten Diskussion über das Bankgeheimnis im Hinterkopf zu behalten.
Auch wenn oft der gegenteilige Eindruck entsteht – es gibt Lösungen gegen die Steuerhinterziehung in Steueroasen. Den Parlamenten und Regierungen der Länder dies klarzumachen, ist auch Aufgabe von uns Bürgerinnen und Bürgern.
*Tabea Kaderli arbeitet bei der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) im Themengebiet öffentliche Finanzen und Steuerpolitik.
Die makement Kontextbeiträge wiedergeben persönliche Ansichten der jeweiligen Autoren auf aktuelle, politische Themen. Eine Übersicht der Kontextbeiträge findest du hier: Kontextbeiträge
Quellennachweis:
1 Zucman, G. (2015). The Hidden Wealth of Nations, University of Chicago Press.
2 Eine allgemeine Definition gibt es nicht, das Tax Justice Network beschreibt Steueroasen folgendermassen: “Tax haven provides facilities that enable people or entities escape (and frequently undermine) the laws, rules and regulations of other jurisdictions elsewhere, using secrecy as a prime tool. Those rules include tax – but also criminal laws, disclosure rules (transparency,) financial regulation, inheritance rules, and more”.
3 Zucman, G. (2014). Taxing across Borders: Tracking Personal Wealth and Corporate Profits, Journal of Economic Perspectives, Vol. 28 (4), pp. 121-148.
4 Das tschechische BIP betrug 2015 182 Milliarden US-Dollar (Quelle: Weltbank).
5 Zucman, G. (2015). The Hidden Wealth of Nations, University of Chicago Press, p. 53.
6 Beispielsweise der automatische Informationsaustausch.
7 Zucman, G. (2015). The Hidden Wealth of Nations, University of Chicago Press, pp. 75-98.
8 Aus Frankreich, Deutschland und Italien liegen ungefähr 500Mrd. Euro in der Schweiz. Davon hinterziehen ca. 80% Steuern, was gesamthaft für die drei Länder ein Verlust an Steuergeldern in der Höhe von 15 Mrd. Euro bedeutet. Ein Zoll auf Importen aus der Schweiz in der Höhe von 30% würde den drei Ländern ermöglichen, diesen Verlust wettzumachen (Zucman 2015, p. 81f).
9 Zucman, G. (2014). Taxing across Borders: Tracking Personal Wealth and Corporate Profits, Journal of Economic Perspectives, Vol. 28 (4), p. 146.